Beim Aktionstag „Kommunal wertvoll“ der Suchtberatungsstelle Kitzingen dabei: v.l. Geschäftsführung Harald Funsch und Michael Wagner, Hanna Gerbig und Dabor Henzold (beide PSB), Stadtrat Wolfgang Popp, Juliane Haubner und Dr. Runghen-Woodun vom Bezirkskrankenhaus Werneck, die Bezirksrätinnen vom Bezirk Unterfranken Christina Feiler und Gerlinde Martin, Viola Reichherzer und Marco Schraud (beide fachliche Leitung PSB), Foto: Silke Ganz
Gemeinsamer Fachaustausch zum Mittagstisch in Kitzingen: Suchtberatung zeigt Gesicht und Bedeutung
Suchtberatung ist kommunal wertvoll. Unter diesem bundesweiten Motto öffnete die Caritas-Suchtberatungsstelle Kitzingen am Aktionstag ihre Türen – und lud Vertreterinnen und Vertreter des Bezirks, der Stadtpolitik sowie des Bezirkskrankenhauses Werneck zum gemeinsamen Mittagstisch ein. Das Ziel: ins Gespräch kommen, Brücken bauen und die Bedeutung der Suchtberatung sichtbar machen. Denn Sucht ist kein Randthema. Allein in Bayern leben rund 3 Millionen Erwachsene mit riskantem Konsumverhalten – quer durch alle Alters- und Bevölkerungsgruppen. In Unterfranken erreichten die elf Beratungsstellen im vergangenen Jahr über 6.000 Menschen. Alkohol, Medikamente, Nikotin, Cannabis, illegale Drogen und Verhaltenssüchte wie Glücksspiel oder Mediennutzung standen dabei im Mittelpunkt.
Dass sich diese Arbeit lohnt, zeigt die Sozialkosten-Studie SROI 3: Jeder Euro, den die bayerischen Bezirke in die ambulante Suchtberatung investieren, spart rund 17 Euro an Folgekosten für Gesellschaft und Gesundheitssystem.
„Wir sind Anlaufstelle – früh, niedrigschwellig, menschlich“
Die Caritas-Beratungsstelle stellte beim Aktionstag ihre Angebote vor: persönliche Beratung für Betroffene und Angehörige, Gruppenarbeit, Online-Beratung via „Digi-Sucht“, Präventionsworkshops an Schulen im Landkreis seit 1997 sowie die psychosoziale Beratung für Mitarbeitende der Stadt Kitzingen. Viele Hilfesuchende melden sich zunächst telefonisch, häufig direkt nach einem Klinikaufenthalt oder im Krisenmoment.
Herausforderungen: Sprache, Jugendhilfe, Anschluss nach Klinik
Beim Austausch wies Dr. Runghen-Woodun vom BKH Werneck darauf hin, dass Sprachbarrieren in der Arbeit mit Menschen mit Migrationserfahrung eine besondere Herausforderung darstellen. Eine engere Vernetzung zwischen Klinik und Beratung könne helfen, Betroffene nach einer Entgiftung noch besser weiterzuversorgen, sagte sie gemeinsam mit Kollegin Haubner.
Auch die Versorgung junger Menschen wurde thematisiert. Stadtrat Wolfgang Popp betonte den Bedarf einer finanzierten Jugend- und Suchtberatungsstelle in Kitzingen: „Gerade Kinder und Jugendliche brauchen verlässliche Angebote – das darf keine freiwillige Aufgabe bleiben.“ Der Seniorenbeauftragte der Stadt Kitzingen Popp kann sich aber auch eine bessere Vernetzung mit dem Seniorenbeirat vorstellen.
Politik bestätigt Bedeutung – aber Finanzierungsdruck bleibt
Die Bezirksrätinnen Gerlinde Martin und Christina Feiler bestätigten den Wunsch nach einer gesetzlichen Verankerung der Suchtberatung als Pflichtaufgabe. Derzeit gebe es allerdings Prioritäten und Zuständigkeiten auf Landes- und Bundesebene, die den Handlungsspielraum einschränken.
Gemeinsames Fazit: Vernetzung rettet Wege – und Chancen
Einig waren sich alle Teilnehmenden: Suchtberatung wirkt – und sie braucht politische Unterstützung. Denn hinter Zahlen und Konzepten stehen Menschen und Lebensgeschichten. Gute Zusammenarbeit zwischen Kommunen, Kliniken und Beratungsstellen könne Wege aus der Sucht erst möglich machen.
„Wir wollen nah dran sein – an den Menschen und an der Realität.“